Das Tor zum Amazonas

Manuel pflückt ein paar Blätter von einem Baum, reißt sie in der Mitte durch und drückt sie uns in die Hand. „Na, wisst ihr, was das ist?“ Ich halte die Blätter an meine Nase und atme tief ein. Ein paar Augenblicke dauert es noch, dann rieche ich den Duft von Zimt. Ich bin erstaunt, nie zuvor hatte ich mich gefragt, woher der Zimt im Weihnachtspunsch kommt. Von der Rinde eines Baumes im Amazonas-Regenwald! Manuel führt uns durch den < Parque Etnobotánico Omare > und weiht uns Schritt für Schritt in die Geheimnisse des Waldes und seiner Völker – Shuar und Waorani – ein. Wir hören von Traditionen, Bräuchen und Begrüßungsritualen, bleiben vor unscheinbaren Pflanzen stehen, deren Blätter als Tees wahre Wunder wirken und erfahren wie die Indigenas aus dem Wald die Rohstoffe für ihr Kunsthandwerk finden – von Fasern der Palmenblätter für Taschen und Hängematten bis hin zu Baumsamen für Ketten und Ohrringe. Ein paar Schritte weiter hält Manuel die nächste Überraschung für uns bereit. „Wusstet ihr, dass es Palmen gibt, die sich im Laufe ihres Lebens einen Meter bewegen?“ Hm eigentlich nicht. Doch dann fällt unser Blick auf eine Palme mit ziemlich vielen Füßen. Ihre Füße sind Wurzeln, die äußeren sterben mit der Zeit ab und von innen kommen neue hinzu. Und dadurch bewegt sich die Palme tatsächlich weg vom Fleck. Doch nicht nur die Bäume und ihre saftig grünen Blätter stechen uns ins Auge. Wir sehen Käfer, die auf Blättern sitzen, Termiten, die eine Straße bauen, Affen, die von Ast zu Ast schwingen, Vögel, die zwitschern und Schmetterlinge, die an uns vorbei flattern. In vielen bunten Farben.

  

 

Im Orchideen Garten, einem Projekt zur Wiederaufforstung erklärt uns eine junge Frau, dass jedes Tier seine eigenen Pflanzen und Aufgaben hat. Wir marschieren durch den Wald und lassen uns von der vielfältigen Blütenpracht der gedeihenden und sich öffnenden Orchideen verzaubern. Über 350 Arten sind es an diesem Ort, Ende September werden viele von ihnen in voller Pracht erscheinen. Doch auch vor unserem Auge öffnet sich ein kleines Paradies an Farben, Formen und Mustern. Sie sind groß und üppig, klein und zart und manchmal so winzig, dass sie mit freiem Auge kaum mehr zu sehen sind.

 

 

Im < Hola Vida > Regenwald wandern wir tags darauf zu einem üppigen Wasserfall und stürzen uns ins kühle Wasser. Wir essen <Maito>, köstlichen Fisch in Bananenblättern und fahren im Kanu den Fluss stromabwärts, vorbei an den Bambushäusern einiger indigener Familien. David und ich sind in Puyo, der < Stadt des Zimts >, dem Tor zum Amazonas, nur 4 Stunden südwestlich von Quito, der Hauptstadt Ecuadors.

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