Weihnachten 2008 war definitiv anders als zu Hause. Wir haben im Freien gefeiert, es wurde viel getrunken, gegessen, Musik gehoert, getanzt und Feuerwerk bewundert. Richtig Party also! Am 24. war ich mir Germán und seiner Familie bei einer Tante und am 25. mit Alejandro und seiner Familie bei einer Schwester. Da war also immer was los und es war echt lustig und interessant zu erleben wir hier gefeiert wird. Fuer mich war es mehr Party als Weihnachten, laut und froehlich statt besinnlich und ruhig. Es gab auch keine Braeuche und Rituelle, die das Fest bei uns so „einmalig“ im Jahr machen. Hier gleicht das Weihnachtsfest der Sylvesterparty oder besser gesagt wenn es etwas zu feiern gibt wird ausgiebig gefeiert 🙂 Und ein besinnliches, ruhiges fest passt auch viel besser in den kalten Winter denn in die heissen Tropen.
Ich geniesse es unter „Nicas“ zu sein, sprich Menschen aus Nicaragua zu treffen und kennen zu lernen – sei es die Familie von Alejandro oder Germán, seien es Freunde, Nachbarn usw. Und ein Stueck Familiengeschichte zu hoeren ist in der Tat bewegend. Es ist noch keine 30 Jahre her, dass die Sandinisten die Diktatorenfamilie Somoza gestuerzt haben und das bedeutet, dass diese Zeit auch meine Freunde betrifft – sie diese erlebt und mitgelebt haben. Hier ist die Rede von Kampf, Konfrontation und Exil. Und als gluehende Anhaenger der Sandinisten und der Revolution sehen sie sich heute damit konfrontiert, dass die FSNL (Sandinistische Front zur nationalen Befreiung) ihre Ideale scheinbar verloren hat. Die kuerzlich stattgefundenen Buergermeisterwahlen liefen undemokratisch ab, wurden manipuliert. Die Regierung die sich als „links“ einstuft ist ultrakonsvervativ und ist einen Pakt mit der Kirche eingegangen. Das Recht der Frauen auf Abtreibung wurde wieder verboten und inkluiert auch jene Schwangerschaften, die das Leben der Frau gefaehreden. Es herrscht keine Recht auf Meinungsfreiheit und die Liste der „Vergehen“ koennte noch wei ter ausgefuehrt werden. Das traurige ist, dass Menschen wie meine Freunde ihren Glauben an die Revolution verloren haben und sich nun gegen eine Partei stellen, die sie vor ein paar Jahrzehnten noch mit viel Freude und Hoffnung unterstuezt haben. Das ist unweigerlich ein Gefuehl des Scheiterns.
Doch einer oder einem Nica kann man nicht so schnell die Lebensfreude nehmen und auch die finanzielle Krise, die besonders ein armes Land wie Nicaragua trifft, laesst Alejandro, Germán und co nicht verzweifeln. Gewiss, ihre Familien gehoeren nicht zu den armen Menschen in diesem Land und somit koennen sie eine derartige Krise leichter ueberstehen.
Gestern waren wir am Strand und haben leckeren Fisch gegessen, Marimba gehoert und die Sonne und das Meer genossen. Heute machen wir einen Ausflug in die Doerfer rund um Managua, das charmante und koloniale Granada habe ich schon gesehen und bin mit einem Boot ueber den Nicaragua See gefahren, der ueber 350 kleine Inseln beherbergt, die meist ein Haus besitzten in dem eine einheimische Familie lebt oder die ein reicher Auslaender als Feriendomizil besitzt. Einen Blick in den Krater des Santiago-Masaya Vulkan habe ich auch schon geworfen und kann bis jetzt aus voller Ueberzeugung sagen, dass Nicaragua ein Land voller Naturschaetze ist und voll von „calor humano“ – wie die Menschen hier zu sagen pflegen. (Menschliche Waerme).
Ich hoffe, dass ich euch bald wieder mit ein paar wunderschoenen Fotos den Winter in Oesterreich versuessen kann – im Moment funktioniert das Hochladen der Bilder leider nicht.